Archiv für den August, 2008

Frauen in der Falle

Drei Meldungen heute, die alle drei in dieselbe Richtung zielen, die ich schon seit langem, auch hier im Blog, brandmarke:
Es geht um die vielfältigen Fallstricke, die Frauen heute das Leben schwer machen und – in gewisser Weise sogar schwerer als früher, als das Frauenbild noch eindeutig war.

Die widersprüchlichen Forderungen, die an Frauen mittlerweile gerichtet werden, sind nicht mehr erfüllbar. Es sind Forderungen, die der sog. Doppelbindung entsprechen, einer erprobten psycholgischen Möglichkeit, Leute in den Wahnsinn zu treiben, weil sie nur schlechte Entscheidungen treffen können, die man ihnen dann vorhalten kann.
Jede Entscheidung für eine der beiden Alternativen ist schlecht – eine quasi aussichtslose Position.
Beispiele:
“Du bist eine schlechte Mutter, wenn Du berufstätig bist – aber Deine Rente musst Du Dir schon selbst erarbeiten!!”
“Du kannst doch meine arme Mutter nicht ins Heim geben – aber Deinen Verdienst brauchen wir zum Abbezahlen der Hypotheken.”
“Gib Deine Karriere auf wegen der Familie – aber wenn wir uns trennen, dann sorge gefälligst für Dich selbst und natürlich für die Kinder.”

Der erste Artikel in der SZ: Eine Ungerechtigkeit in Höhe von 24 Prozent handelt davon, dass Frauen überall weniger verdienen als Männer:
“Frauen haben 2006 durchschnittlich 24 Prozent weniger verdient als Männer. Damit lag der Verdienstunterschied in etwa auf dem Niveau der Vorjahre. Wie das Statistische Bundesamt (Destatis) am Dienstag in Wiesbaden mitteilte, verdienten Frauen in Deutschland durchschnittlich pro Stunde 14,05 Euro brutto. Der Bruttostundenverdienst von Männern betrug 18,38 Euro. In keinem einzigen Wirtschaftszweig verdienten Frauen mehr als Männer. Mit steigendem Alter der Beschäftigten nahm der Verdienstunterschied zu. …
Die größten Verdienstabstände gab es 2006 bei unternehmensnahen Dienstleistungen (30 Prozent), im Kredit- und Versicherungsgewerbe (29 Prozent) und im Verarbeitenden Gewerbe (28 Prozent).”

Alleine das macht schon wütend.

Der zweite Artikel in der WAZ: Junge Männer lieben das “Heimchen” handelt davon: wie die Mehrzahl der Männer sich das Leben von und mit einer Frau vorstellen:
“Ein überraschend konservatives Familienbild haben junge Männer in Deutschland: Nur jeder Dritte (32 Prozent) der 16- bis 29-Jährigen findet, dass Frauen sich nicht nur für die Familie aufopfern, sondern selbstbewusst auch eigene Interessen und Wünsche durchsetzen sollten. Dies ist ein Ergebnis der Vorwerk-Familienstudie 2008.”

Finanzieren wollen sie das “Heimchen-Leben” der Frauen aber natürlich nicht Die Frau soll doch gefälligst selbstständig für sich sorgen. Sie ist doch emanzipiert, nicht wahr?!

“Idealerweise” sieht ein Frauenleben also so aus:
– Aufgeben des Berufes, Frau des Mannes und Mutter der Kinder und Pflegerin der Alten
– Nach der Scheidung (fast jede 2. Ehe wird nunmal geschieden) alleinerziehend mit ein oder zwei Kindern unter widerwilliger Zahlung des Minimalunterhalts des Erzeugers (wenn überhaupt!)
– Halbtagstätigkeit weit unterhalb der früher möglichen Karriere mit Minimalbezahlung und Stress ohne Ende, weil sie alleine alles managen muss
– Im Alter Sozialfall mit 350 Euro Rente

All das gesetzlich unterstützt, wie ebenfalls die SZ berichtet:
“Denn das Gesetz hat die klassische Ehefrau und Mutter quasi abgeschafft. Wenn eine Frau heute diese Rolle wählt, übernimmt sie das Risiko, im Scheidungsfall schlecht dazustehen.
Denn anders als früher richtet sich die Unterhaltszahlung des Mannes im Falle der Trennung nicht mehr einfach am bisherigen Familieneinkommen, sondern es wird auch berücksichtigt, welchen Beruf die Frau, die für die Kinder pausiert hat, früher ausgeübt hat und wie viel sie heute verdienen könnte. Auch müssen geschiedene Ehefrauen neuerdings hinter einer neuen Lebensgefährtin zurückstehen, wenn diese mit dem Ex-Mann kleine Kinder hat und das Geld nicht für alle reicht. ”

Die Emanzipation hat uns weit gebracht!!!

 

Kongress der DGhK am 20.9.2008 in Essen

20/20 – Zukunft Denken – so lautet das Thema des Jubiläumskongresses zum 30. Geburtstag der Deutschen Gesellschaft für das hochbegabte Kind (DGhK) am Samstag, 20.09.2008, im “Haus der Technik”, Essen.

Vorträge:
* Prof. Dr. Albert Ziegler, Ordinarius für Pädagogische Psychologie, Universität Ulm:
Zukunftsperspektiven 2020 im internationalen Vergleich
* Dr. Pero Mićić, Vorstand der FutureManagementGroup AG:
Wie Zukunftsexperten über Hochbegabung denken
* Prof. Dr. Stephan A. Jansen, Präsident der Zeppelin University, Friedrichshafen
PostPisaPhänomene – Thesen zu Höhen und Tiefen der Begabung, der Bildungspolitik und der Bildungsmärkte

Moderierte Podiumsrunde mit
* Prof. Dr. Albert Ziegler, siehe oben
* Marianne Demmer, stellvertr. Vorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft
* Dr. Karsten von Köller, Chairman Lone Star Germany GmbH
* Dr. Waltraud Rosner, Geschäftführerin des Österreichisches Zentrums für Begabungsförderung
* Dr. Annelen Collatz, Team Testentwicklung Institut für Psychologie, Ruhr-Uni Bochum
* Peter Renzel, Leiter des Jugendamtes der Stadt Essen
* Elena Brandenstein,Referat Jugend der DGhK

Moderation: Gisela Steinhauer, WDR

Informationen, Anmeldemöglichkeiten etc. findet man hier – unter www.dghk.de.

 

Schule “um die Ecke” versus ideologische Elternansprüche

In der ZEIT, habe ich eben gesehen, gibt es etliche Artikel zur Einschulung, die ja nun mit und mit in allen Bundesländern ansteht.

Einer dieser Artikel hat mich zum Lachen gebracht, weil in ihm die Übermotivation von Eltern so wunderbar karikiert wird.
Wir wollen ja nur Dein Bestes heißt der Beitrag mit der weiteren Überschrift: “Waldorf? Öffentlich? International? Oder gleich katholisch? Wie die Suche nach der perfekten Grundschule eine ganze Elterngeneration in Panik versetzt.”

Ich gestehe, dass ich bekennender Fan der “Schule um die Ecke” bin, wann immer das sinnvoll möglich ist.
Das geht nicht immer, natürlich nicht. Es gibt Schulen, da passt es einfach nicht.
Aber oft sind es rein die “exklusiven” Ansprüche von Eltern und nicht die Qualität der nächstgelegenen Schule, die alles – auch für das Kind – verkomplizieren.

Für alle, auch für hochbegabte, Schüler, halte ich jedoch folgende Erfahrungen für viel wichtiger als alles andere:
– Alleine oder mit Freund/Freundin oder in Grüppchen regelmäßig zur Schule gehen zu können – allein und selbstständig
– Nachmittags drei Ecken weiter mit Freunden spielen zu können, ohne dass Muttern wieder einen komplizierten und zeitfressenden Fahrdienst leisten muss
– Ein Gefühl für die Umgebung zu bekommen, Orientierung, Vertrautheit
– Sich wohl zu fühlen in seiner Klasse

Wenn das “um die Ecke” in einer vernünftigen Grundschule funktioniert, dann ist das für Kinder sinnvoller, in diese zu gehen, als täglich in eine Schule mit einer irgendwie ideologischen Ausrichtung fahren zu müssen, die vielleicht die Ansprüche der Eltern befriedigt, die Kinder aber sehr früh in einen entfremdeten, aufwändigen Terminplan zwängt.

Eltern verwechseln leider immer öfter “Kindeswohl” mit ihren eigenen Bedürfnissen und Ansprüchen.
Nicht nur bei der Wahl der Schule.

 

Lob der Grundschule

Rechtzeitig zur Einschulung in der nächsten Woche erscheint in der ZEIT ein Bericht über die Qualitäten der Grundschulen unter dem Titel: Die beste Zeit des Lebens.

Die ZEIT singt in ihrem Artikel ein Loblied der Grundschule:
“Keine andere Schulform ist moderner und kinderfreundlicher als die Grundschule … Eltern erkennen die Grundschule ihrer Kindheit heute kaum noch wieder. … Bildungsforscher stellen der Grundschule ein gutes Zeugnis aus. Unter den verschiedenen Schulformen gilt sie sogar als der Klassenprimus, und zwar unabhängig davon, welchen Maßstab man anlegt.”

Auch aus meiner Sicht, die ich seit vielen Jahre vor allem die Belange hochbegabter Kinder im Fokus habe, kann gesagt werden, dass sich im Bereich der Grundschule tatsächlich am meisten bewegt hat in den letzten Jahren. Experimentierfreude, pfiffige Lehrmaterialien, schöne Projekte und neue Konzepte, wie z. B. das schuljahrübergreifende Unterrichten (das ich allerdings selbst Anfang der Sechziger auch schon genossen habe), sind nirgendwo so ausgeprägt wie in den Grundschulen.
Auch im Bereich der Hochbegabung gibt es dort beeindruckende Fortschritte und Projekte. In Essen z.B. sind über drei Jahre lang Lehrer mehrerer Grundschulen systematisch im Bereich Hochbegabung fortgebildet worden, um in einem zweiten Schritt als Multiplikatoren für andere Schulen dienen zu können.

Auch in den Grundschulen ist natürlich nicht alles Gold, was glänzt. Auch von Projektschulen in Essen habe ich negative Erfahrungen berichtet bekommen. Nicht immer passt alles zusammen.

Da ich mir aber abgewöhnt habe, alles immer nur in düsterem Licht zu sehen, bin ich dankbar für all die vielen Fortschritte, die es eben auch zu beobachten gibt – in den Schulen allgemein und auch im Umgang mit hochbegabten Schülern.

Sehr starr allerdings erlebe ich nach wie vor viele weiterführenden Schulen, wobei – aus Not vielleicht – die Hauptschulen mir oft noch am kreativsten erscheinen.
Realschulen und Gymnasien allerdings ruhen sich für mein Empfinden immer noch viel zu sehr auf ihren althergebrachten Strukturen und konventionellen Unterrichtsmethoden aus.
Davon profitiert eigentlich niemand wirklich, es ist zu nichts richtig gut und hat zudem zur Konsequenz, dass der status quo auch in Hinsicht auf soziale Auslese immer weiter fortgeführt wird.

Ich habe es in den letzten ein/zwei Jahren so oft wie nie zuvor erlebt, dass hochbegabte Kinder auf ihrer Grundschule glücklich waren, weil sie z.T. selbstorganisiert Lernen gestalten konnten, auf dem Gymnasium aber schnell psychisch und leistungsmäßig abstürzten, weil dort alles Lernen nur im “Gleichschritt MarschMarsch” zu haben war.
So etwas ist natürlich tragisch, spricht zum einen auch wieder für die verbreitet neue Qualität der Grundschulen, aber eben auch gegen die oft vermuffte Atmosphäre in Gymnasien.

Ein bisschen Aufbruchstimmung auch dort wäre sehr wünschenswert.

 

Wenn Lehrer zu gut sind – Der Gipfel der Absurdität

Sabine hat mich in einem Beitrag ihres Hochbegabtenblogs und in einem Kommentar bei mir darauf aufmerksam gemacht, dass die Geschichte der bayrischen Grundschullehrerin, die ich im vorangehenden Beitrag aufgegriffen hatte, nun eine absurde Fortsetzung gefunden hat:

Die Lehrerin S. Czerny ist wegen Störung des Schulfriedens an eine andere Schule zwangsversetzt worden. Davon berichtet die TAZ.

“Zum Wohle aller” – wie die zuständige Schulrätin Henriette Lemnitzer äußerte.

Nicht zu fassen!

“Nicht erst seit der Veröffentlichung des Falls vor einer Woche hatte die 36 Jahre alte Pädagogin, die seit über zehn Jahren unterrichtet, derartige Vorwürfe zu hören bekommen, sondern schon zu Beginn des Jahres. Da hatten ihre Kinder in mehreren klassenübergreifenden, vergleichenden Arbeiten Einser-Notenschnitte erzielt. Czerny hatte sich durch die Schulleiterin genötigt gesehen, die Notenschnitte der Gauß’schen Normalverteilung anzupassen – damit etwa gleich wenige Kinder aus allen drei vierten Klassen auf höhere Schulen wechseln würden.”

Die Eltern wollen in seltener Geschlossenheit gegen Vorwürfe und Versetzung angehen:
“Die Eltern ihrer ehemaligen vierten Klasse wollen sich derweil in einem offenen Brief geschlossen an das Schulamt, den bayerischen Kultusminister Siegfried Schneider sowie Bundes-Bildungsministerin Annette Schavan wenden, um auf die grundsätzlichen Missstände aufmerksam zu machen. Darin heißt es unter anderem: ‘Wir Eltern haben mit Staunen wahrgenommen, wie sich unter der Arbeit von Frau Czerny das Arbeitsverhalten unserer Kinder verbessert hat: Sie lernen gerne, sie wollen wissen und entdecken und sind mit Feuereifer bei der Sache.’

Die Kinder lernen gerne, haben ein besseres Arbeitsverhalten und sind mit Feuereifer dabei…

Ja, so etwas muss man wirklich unterbinden. Wo kämen wir hin, wenn gute Lehrer einfach ihre Arbeit tun dürften und Kinder Freude am Lernen hätten…

 

Wenn Lehrer zu gut sind…

…dann passieren abenteuerliche Dinge, z. B. dass sie amtlicherseits aufgefordert werden, sich an das Niveau um sie herum anzupassen.

Eltern hatten sich beschwert, dass in der Klasse einer Lehrerin sowohl das Niveau als auch die Noten (beides!!) besser waren als in der Klasse ihrer eigenen Kinder.

So geschehen in Bayern, wo ein Schulrat daraufhin die sehr erfolgreiche und auch noch beliebte Lehrerin offiziell aufforderte, schlechter zu arbeiten.

Das ist nicht zu glauben, aber wahr.

So wird das nie was mit der Reform unseres Schulsystems!!

Ich wollte eigentlich einen eigenen Beitrag zu dieser Absurdität schreiben, verweise aber, weil dort schon alles klipp und klar steht, auf den entsprechenden Beitrag beim Weltenkreuzer.

 

Völker hört die Signale

Das Vorurteil, dass Hochbegabung etwas mit sozialer Elite zu tun habe, die man nicht auch noch zusätzlich fördern müsse, ist unausrottbar. Man kann bis jenseits der eigenen Erschöpfungsgrenze dagegen ankämpfen – es nützt nichts.
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Deshalb wage ich auch nicht zu hoffen, dass folgendes Zitat daran etwas ändert:

“Hochbegabung ist ein Geschenk der Natur an die Gesellschaft.”
Es stammt von … Karl Marx.

Gefunden habe ich dieses Zitat in einem Bericht des Wiesbadener Tagblattes über die Raule-Stiftung “Kleine Füchse” in Hessen, die sich um die Begabungsförderung in Kindergärten verdient gemacht hat, indem sie z.B. Zusatzausbildungen von Erzieherinnen finanziert.

“Ursula Raule hat die Erfahrung gemacht, dass ‘Kleine Füchse’ in allen Schichten vorkommen: ‘Das hat überhaupt nichts mit der sozialen Herkunft zu tun.” Sie zitiert einen Satz, den Karl Marx gesagt haben soll: ‘Hochbegabung ist ein Geschenk der Natur an die Gesellschaft.’ Dieses Bild findet sie besonders einprägsam. Nachdem sie die Erfahrung gemacht hat, dass dieses ‘Geschenk vollkommen willkürlich verteilt wird’, ist es ihr wichtig, ‘dass das Geschenk an die Gesellschaft zurückfließt’.”

Bitte hört die Signale…