Archiv für den Oktober, 2008

Inspiration und Transpiration

Anlässlich der Vergabe der Nobelpreise in diesem Jahr ist auf WELT-ONLINE eine Artikel mit dem Titel Das Geheimnis der Genies zu finden.

Dort wird u.a. über den Zusammenhang zwischen Hochbegabung und der Wahrscheinlichkeit, den Nobelpreis zu erhalten berichtet – mit der Frage, was die klügsten Köpf unserer Zeit von den gewöhnlichen wohl unterscheidet.

Der Weg, über das Sezieren und die Analyse des Gehirns von Einstein (schon 3 Stunden nach seinem Tod), Aufschluss bezüglich des Wesens der Genialität zu erhalten, erwies sich letztlich als nicht besonders aufschlussreich.

Die Beobachtung von 250.000 Jugendlich, davon 1500 hochbegabt, über 70 Jahre hin zeigte: “Viele der Überflieger besetzten zwar Spitzenpositionen, ihr Einkommen war in der Regel hoch. Überraschend aber auch: Die brillant intelligenten Köpfe waren erfolgreich – aber keinesfalls die erfolgreichsten. Keiner dieser Hochbegabten bekam den Nobelpreis, die Fields-Medaille, den Pulitzerpreis. Dafür aber einige hochbegabte Kinder, die Terman als nicht intelligent genug von seiner Untersuchung ausgeschlossen hatte – darunter William Shockley und Luis Alvarez. Beide wurden Jahrzehnte später mit dem Physiknobelpreis ausgezeichnet.”

Gründe: “Dass ungewöhnliche Intelligenz nicht automatisch großer Erfolg bedeutet, ist unter Naturwissenschaftlern eine Binsenweisheit. Thomas Alva Edison, der die Glühbirne erfand, hat die Sekundärtugenden neben dem Genie gewichtet: “Ein Prozent Inspiration, 99 Prozent Transpiration.” Edisons Flapsigkeit ist statistisch unterfüttert. Der aus Ungarn stammende Psychologe Mihaly Csikszentmihalyi hat sich 91 kreative Köpfe vorgeknöpft – Schriftsteller, Musiker, Physiker, Biologen, viele Nobelpreisträger.
Keine der Persönlichkeiten erfüllte das Klischee vom entspannten Überflieger. Sämtliche erfassten Denker und Schöpfer waren harte Arbeiter – sie waren sogar von Arbeit regelrecht besessen. Erfolgreiche Kreative, so fasst es der Ungar zusammen, ‘machen Überstunden, arbeiten mit höchster Konzentration’.”

Zum Erfolgsrezept gehören neben IQ, Inspiration und Transpiration noch, nach Rost, “‘Erstens gute Beziehungen. Schüler von Preisträgern haben nachweislich bessere Chancen. Zweitens muss das wissenschaftliche Umfeld stimmen. Ebenso wichtig sind ein guter Mentor und natürlich hohe Leistungsbereitschaft.'”

Auch noch erforderlich: Kreativität. Dabei hat sich in Studien herausgestellt, dass wohl tatsächlich “Genie und Wahnsinn” in bestimmter Hinsicht eng zusammenliegen: “Sowohl Schizophrene als auch Kreative haben, wie es scheint, die Neigung, alle Reize, die in ihr Gehirn eintreffen, unsortiert als gleichwertig wahrzunehmen. Risiken und Nebenwirkungen eingeschlossen: Die Gefahr ist, in der Reizflut unterzugehen, mit Denkstörungen und Halluzinationen, den beiden Kardinalsymptomen der Schizophrenie. Den Kreativen gelingt es dagegen, das Chaos zu nutzen.”
Besonders groß war das beobachtete Risiko bei Mathematikern: “Geisteswissenschaftler sind genetisch unbelastet. In ihren Familien kommen Psychosen nicht häufiger vor als im gesellschaftlichen Mittel. Anders sieht das bei den Mathematikern aus: Zwei bis drei Mal so viele Psychosen wie erwartet plagen ihre Familien.”, so das Ergebnis einer Studie des Isländers Jon Karlsson.

Gar nicht so leicht, Nobelpreisträger zu werden…

 

Das Ende der Dressur…

… wird im Artikel in der SZ Schluss mit der Dressurschule gefordert.

Alleine schon dieser Satz…
“Es gibt keine Motivation von außen. Wir haben lediglich die Möglichkeit, die Motivation, die ein Kind von vornherein mitbringt, nicht kaputt zu machen.”

Oder diese Sätze…
“Die meisten glauben immer noch, es käme auf Mathe, Englisch und Deutsch an, aber es kommt darauf an, dass die Kinder begeistert Mathe, Englisch, Deutsch und was auch immer lernen. Wichtig ist nicht, die Kulturgüter zu überliefern, sondern den Geist anzuzünden, der die Kulturgüter hervorgebracht hat. Dann bekommen wir von ganz allein hervorragende Weltentdecker.”

Bitte einfach lesen.

 

Die Super Illu – Zum Tag der Deutschen Einheit

Betroffen habe ich heute in der Süddeutschen Zeitung einen Artikel mit dem Titel Die Psychotherapeuten der Ostdeutschen gelesen – einen Artikel über die so viel belächelte Super Illu, dem heißgeliebten Yellow-Press-Blatt der Ostdeutschen.

Ich gestehe, dass auch ich mich immer über all dies erhaben gefühlt und mich genervt belustigt gezeigt habe angesichts dieser Blätter, von denen es ja auch hier im “Westen” genügend gibt. Nur stehen hier Prinzessin Caroline und Konsorten im Vordergrund, während sich die Super Illu den hier meist völlig unbekannten Alt-Ost-Stars und anderen “Ostalgie-Themen” widmet.

Betroffen gemacht beim Lesen des SZ-Artikels hat mich, dass ich nochmal neu verstanden habe, dass selbst heute noch viele Ostdeutsche überhaupt nicht angekommen sind in unserer geeinten schönen neuen deutschen Republik – weil wir sie nicht mitgenommen haben.

Dabei geht es weniger um wirtschaftliche Dinge oder den Arbeitsmarkt: Es geht vor allem um Identität.
Ratz-Fatz haben wir damals alles einkassiert – und tun es noch heute. Wir haben unsere Geschäftsfilialen in ihre rasch schön restaurierten Innenstädte gesetzt, ihre lokalen Erzeugnisse mit internationalen Waren erschlagen, unsere “schöne neue Konsumwelt” allem übergestülpt und mit Stasi-Vergangenheit und Unrechtsstaats-Begrifflichkeiten bei vielen Menschen Scham erzeugt und Minderwertigkeitsgefühl.

“Wir im Westen” haben einer ganzen Generation und mehr das selbstverständliche Bewusstsein gestohlen, irgendwie “o. k.” zu sein.
Wir haben ihnen die Identität genommen.

Hier setzt die Super Illu an. Sie gibt etwas zurück, das verloren schien: ein Stück Heimat.

“Wenn Stefan Kobus, der stellvertretende Chefredakteur, von Erna Kasupke spricht, was man ihr zumuten kann und was nicht, dann meint er den Prototyp des Super Illu-Lesers. Er meint Lieschen Müller oder Otto Normalverbraucher oder Erika Mustermann. Aber Kasupke klingt schöner.
Wenn es Frau Kasupke gibt, dann ist sie Ende fünfzig. Sie wohnt in, sagen wir, Limbach-Oberfrohna, Landkreis Zwickau in Sachsen.
Zu DDR-Zeiten war sie, sagen wir, Schichtleiterin in einem Textilkombinat, da, wo Malimo erfunden wurde. (Malimo kennen Sie nicht? Malimo hat Weltniveau?)
Gleich nach der Wende ist Erna Kasupke arbeitslos geworden, doch nicht lange, und sie hatte wieder eine Stelle. Ihre Tochter ist nach Bayern gegangen, weil es in Bayern Arbeit gab und in Sachsen keine.
Kasupke interessiert sich nicht für die monegassischen Fürstentöchter und nicht für Carla Bruni. Sie mag Dagmar Frederic, noch immer, und als Erwin Geschonneck, der Schauspieler, im März gestorben ist, hat sie kurz überlegt, ob sie, aus alter Treue, vielleicht zur Beerdigung nach Berlin fahren soll. (Geschonneck? Je gehört?)
Glücklich in dem kleinen Land
Sie hatte nie was mit der Stasi zu tun und nie was mit der Kirche. Sie las, was man lesen durfte und aß, was man kaufen konnte. Sie lebte glücklich in dem kleinen Land, das an diesem Freitag vor 18 Jahren beerdigt wurde. Für Kasupke krachte damals eine Welt zusammen.
Stefan Kobus, in Westdeutschland geboren, spricht oft von Erna Kasupke. Er hat viel gelernt über die Jahre. Er weiß, dass sie es schätzt, wenn man ihr auf Augenhöhe begegnet. Die Redakteure von Super Illu kennen sie sehr gut, was auch daran liegt, dass Kasupke, wenn ihr etwas missfällt, einen Leserbrief schreibt, meist mit der Hand, und seitenlang.
Mehr als 500 Briefe, hinzu kommen die E-Mails, gehen allein im Ratgeberressort jeden Monat ein. (“Da ich vom Arbeitsamt diskriminiert werde, bitte ich Sie …” Angehängt sind acht Seiten Schriftwechsel. Oder: “Wieso zahle ich im Erdgeschoss mehr Miete als meine Nachbarin über mir?”)
Jeder, der einen Brief schreibt, weiß, dass er beantwortet wird, oft von externen Fachleuten. Auch deswegen verkauft das Blatt, das zu Burda gehört, jede Woche 550.000 Exemplare. 3 Millionen Menschen lesen es. Super Illu ist Marktführer im Osten.”

Hier gibt es eine Menge zu lernen für die Polititk. Das Wissen darum scheint angekommen zu sein, denn:
“Wenn Politiker wissen wollen, was der Osten denkt, dann laden sie sich bei Super Illu zur Redaktionskonferenz ein.”

Der “Westen” vertut eine große Chance, wenn er weiterhin die Bedürftigkeit der Menschen im Osten nicht ernst nimmt: In der Super Illu wird nämlich durchaus auch Politik gemacht:
“Jetzt gibt es Seiten, auf denen die große Politik erklärt wird, und zwar so, dass sie jeder versteht. Und alle 14 Tage gibt es Gregor Gysi, der seine Kolumne schreibt. Daneben behauptet der konservative Hugo Müller-Vogg das Gegenteil von dem, was Gysi sagt. So, nun mach’ dir mal deine Meinung.”

Ich mag solche Zeitschriften immer noch nicht. Das gilt auch für die Super Illu.
Aber ich habe etwas verstanden:
Die Super Illu ist identitätsstiftend.
Auf einer bestimmten Eben nimmt sie emotionale Bedürfnisse vieler Ost-Deutschen auf und ernst und gibt ihnen ein Stück Heimat. Sie trifft die Leute auf “Augenhöhe”.
Das tun sonst wohl nicht viele.
Oni soit qui mal y pense – Ein Schuft, der Böses dabei denkt.

Es geht um Identität, um ein positives Selbstwertgefühl. Das ist nicht mit Geld zu kaufen – aber es ist Gold wert.
Die Macher der Super Illu haben das verstanden – ich wünschte mir, die Verantwortlichen in der Politik hätten es auch…

 

Turbo-Abi und die Folgen

Das ZDF zeigte gestern eine Sendung über die Folgen des Turbo-Abis. Unter diesem Link hier hat man die Möglichkeit, diese Sendung anzuschauen und noch weiter Infos und Sendungen zum Thema zu finden.