Bachelor-Qualitäts-Offensive …
Auf der Plattform jetzt.de der Süddeutschen Zeitung ist ein in Briefform erschienener Artikel zu lesen, der ein grelles Licht auf interne und offensichtlich faktische Gegebenheiten im Bachelor-Studium wirft, die in mir – je nach Stimmungslage – ein lautlos-resigniertes Kopfschütteln oder empörtes, fassungsloses Aufbegehren erzeugen:
"Sie haben uns völlig falsch aufs Studium vorbereitet!" – In der Schule hat man ihr gesagt, es sei wichtig, Zusammenhänge zu verstehen – dann kam unsere Autorin an die Universität. Ein Brief an den Lehrer von einst”:
“Das Wort T-R-A-N-S-F-E-R schlugen Sie uns täglich um die Ohren. Am Anfang waren alle froh, als Sie im Geschichtsunterricht ankündigten, keinen Wert auf Jahreszahlen zu legen. Statt-dessen ginge es um die größeren Zusammenhänge. Dementsprechend schlecht fielen die ersten Arbeiten bei Ihnen aus. Ein Großteil von uns Schülern hat Ihre Ansprüche später allein aus ökonomischen Aspekten akzeptiert: Auf Transferaufgaben gab es immer die doppelte Punktzahl. Wissensaufgaben wurden hingegen einfach bewertet. Vielleicht gehöre ich damit zu einer Minderheit, aber mir gefielen ihre Lehrmethoden. Spätestens in der Oberstufe fruchtete ihr Werk und ich schaute auch mal über den Tellerrand hinaus. Vielleicht, weil ich auch die Erniedrigung nicht mehr ertragen konnte, wenn sich mal wieder niemand auf Ihre Frage meldete, was das Thema der aktuellen Nahost-Verhandlungen sei. So jedenfalls begann ich zu lesen. …
Nun tut es mir leid, Sie enttäuschen zu müssen, Herr Bode. Aber leider muss ich Ihnen mitteilen, dass Sie uns völlig falsch aufs Studium vorbereitet haben. Es scheinen nämlich doch die Jahreszahlen zu sein, die Aufschluss über unsere Intelligenz geben. Nicht die Transferleistung. Wie ich zu diesem Fazit komme? Begründe argumentativ! würden Sie sagen. Das werde ich gerne tun. Ich bitte Sie, sich einmal meine Anfänge im Kommunikations-wissenschaftsstudium vorzustellen: Am ersten Tag erzählte mir ein höherer Semester stolz, er habe noch nie im Studium ein Buch lesen müssen. Meine Kommilitonen jubelten. Ich war kurz ernüchtert und fragte mich, was das denn für ein Studium sein sollte, ganz ohne Bücher? Aber sicher war der Typ einfach nicht sehr ehrgeizig. Auf die erste Prüfungsphase bereitete ich mich vor, wie ich es in der Schule gelernt hatte: Ich besorgte mir Literatur und verfolgte das Zeitgeschehen (schließlich studierte ich was mit Medien). Zwar fand ich acht Prüfungen in drei Wochen heftig, aber ein Studium soll ja auch anspruchsvoller sein als die Schule. Umso überraschter war ich von den Prüfungen und von meinen Noten. Wo ist denn die Eigenleistung, wenn ich fünf Theorien nenne und erläutere? Und warum waren meine Noten trotzdem so schlecht? Ratlos ging ich in die Klausureneinsichten, fand aber keine inhaltlichen Fehler. Irgendwann erbarmte sich eine Dozentin und erklärte mir mit einem strengen Blick über ihre halbmondförmigen Brillengläser: Wissen Sie, was Sie da schreiben . . . das mag ja inhaltlich richtig sein. Aber es ist nun mal nicht mein Wortlaut. Sie entließ mich völlig perplex mit einem zuckersüßen Lächeln. Ich wollte zuerst Frau Schavan persönlich darüber informieren, was für ein Unding da gerade in der deutschen Universität geschieht. Aber ich musste ziemlich schnell einsehen, dass ich kein Einzelfall war. Egal ob Hannover oder Heidelberg, überall kämpfen Studenten mit derartigen Problemen. Viele gingen deswegen demonstrieren.”
Man lese selbst und weiter.
Bachelor-Qualitäts-Offensive … « dvux schrieb am 1. März 2011 um 10:43:
[…] Ein leider nicht ganz unwahrer Bericht über das Studieren: https://www.speybridge.de/?p=1530 […]