Sturm im Wasserglas
In NRW werden die Schulbezirksgrenzen aufgehoben, d.h. Eltern dürfen ihre Schulanfänger in einer Grundschule ihrer Wahl einschulen, ohne dass sie wie bisher nur eine Schule innerhalb besagter Grenzen wählen dürfen. Einige Städte praktizieren das schon.
Das Geheule ist z.T. groß. Vor allem wird befürchtet, dass es reine Migrantenschulen in schlechten Stadtteilen geben werde, Schulen für “reiche” Kinder oder solche mit Hochbegabung etc. etc.
Ich halte dieses Gejammer für absolut nicht gerechtfertigt.
Es wird Konkurrenz geben – und das ist auch gut so. Es ist allerdings absolut nicht der Fall, dass bestimmte Charakteristika einer Schule wie großer Ausländeranteil etc. automatisch bedeutet, dass diese Schule gemieden und somit zwangsläufig Verlierer dieser Reform sein muss.
Zur Erinnerung: im letzten Herbst wurde die beste Schule Deutschlands gekürt – ich zitiere mich selbst (12.12.06): “Deutschlands beste Schule liegt im “Nordviertel” Dortmunds. Es ist die Grundschule “Kleine Kielstraße”. 83% der Schüler dort weisen einen Migrationshintergrund auf. Es ist also überall möglich – und das Geheimnis des Erfolges heißt, wie nicht anders zu erwarten: Individualisierung von Unterricht. Ausnahmslos alle Kinder profitieren davon. Das noch größere Geheimnis des Erfolges: Wertschätzung.”
Eben erst habe ich im Radio gehört, dass eine Grundschule in der Nähe des Düsseldorfer Hauptbahnhofes mit hohem Migrantenanteil extrem viele Anmeldungen von Schülern außerhalb ihres Schulbezirkes hat. Der Grund: diese Schule leistet überzeugende individuelle Arbeit.
Wenn ich mir die Schulauswahl der Eltern mit hochbegabten Kindern anschaue, dann ist die keinesfalls beschränkt auf “großbürgerliche” Schulen, sondern sehr vielfältig gestreut: hier eine Montessori-Schule, dort die Schule um die Ecke, dort eine Sonderschule (die Betreuung kann dort extrem individuell sein) oder eine integrative Schule, in der behinderte zusammen mit nichtbehinderten Schülern beschult werden etc. etc.
Wichtig ist selten das äußere Drum und Dran.
Wichtig allein ist das Konzept. Wichtig ist die Art und Weise, wie mit Schülern umgegangen wird. Wichtig ist die Atmosphäre und dass in authentischer Weise Schüler individuell wertgeschätzt werden.
Das Jammern bezüglich der Aufhebung der Schulbezirksgrenzen kann ich also nicht nachvollziehen, vor allem nicht, wenn es pauschal und undifferenziert ideologische Hintergründe hat – aus welcher Richtung auch immer.
Die Schulen, die weniger Anmeldungen haben als bisher, sollten sich überlegen, ob nicht eine Änderung von Einstellung und Konzept die Wende bringen könnte.
Es gibt mittlerweile auch genügend Schulen (Gütesiegel), an deren Konzepten man sich orientieren kann. Informationen, Möglichkeiten und (politischen) Spielraum gibt es genug. All dies wartet nur darauf, genutzt zu werden.
Eines stimmt nämlich: die Schulen müssen sich bewegen.