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Überbehütung und kein Wettbewerb: Immer König – jemals erwachsen?

Ich habe schon einige Male die Tendenz heutiger Eltern zur Überbehütung beklagt (hier und hier und hier und hier).
Heute bekam ich einen Artikel aus brand eins Online zugeschickt, der beschreibt, dass immer mehr Eltern – vor allem Mittelschichteltern – jetzt auch jedweden Wettbewerb unter Kindern abschaffen wollen, weil der doch die armen Kinderseelchen verletzen könnte.

Man lese:
Wenn Jeder ein Sieger ist

Eigentlich denke ich, der gesunde Menschenverstand MUSS einem doch sagen, dass das so nicht funktionieren kann. Aber der scheint schon lange in der Kindererziehung keine große Rolle mehr zu spielen. Das spüre ich deutlich in meinen Beratungen: Oft und immer öfter erlebe ich dort das Verhalten der Eltern als das eigentliche Problem – das natürlich Konsequenzen für das Verhalten und das Lebensgefühl der Kinder mit sich bringt.

Schon als mein Sohn klein war – und das ist zwei Jahrzehnte her – habe ich mich ziemlich unbeliebt gemacht im Familien- und Bekanntenkreis, weil ich bei Kindergeburtstagen nur dem Geburtstagskind ein Geschenk gemacht – und seinen Geschwisterkindern nichts mitgebracht habe: Nur das Geburtstagskind hat doch einen besonderen Tag, der anders ist als andere Tage, und ich dachte und denke, dass die anderen Kindern das aushalten müssen und ja auch ihren besonderen Tag im Jahr haben. Die anderen Eltern sahen das nicht so – und haben mich das auch spüren lassen.

Diese Erfahrung von damals ist ja gar nichts gegen das, wovon in diesem Artikel die Rede ist: Fußballspielen ohne Zählen der Tore, Medaillen wahllos für alle, Ballettunterricht ohne Korrektur, Sticker mit “Geglückter Versuch” bei einem missratenen Ergebnis, Verbannung des Rotstiftes aus den Klassenarbeitsheften etc. etc.

Konsequenz des Ganzen: eine Narzissmus-Epidemie.
Aus dem Artikel:
“Unter diesen Vorzeichen wachsen nach Meinung von Dan Kindlon Teenager heran, die weder Unbehagen noch Selbstzweifel kennen. Die nichts anderes als eine glückliche Kindheit erlebten. Deren Eltern und Lehrer vom Sandkasten an, über den Spielplatz bis zur Schule in allen unbehaglichen Momenten intervenierten. Glück, das eigentliche Nebenprodukt des Lebens, wird zur Hauptzutat, zum Lebensziel schlechthin.
Einige Psychologen sehen genau darin die Rezeptur für spätere Desaster: Wer als Kind nie traurig war, weil beispielsweise andere die Medaillen absahnten, für den muss die erste normale Frustration im Erwachsenenalter etwas Schreckliches sein. Viele dieser Spätfrustrierten landen dann in der Therapie … und behaupten, sie wären eigentlich glücklich, nur wüssten sie nicht, ob auch glücklich genug.”

Absolut lesenswert!

 

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