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Lob der Grundschule

Rechtzeitig zur Einschulung in der nächsten Woche erscheint in der ZEIT ein Bericht über die Qualitäten der Grundschulen unter dem Titel: Die beste Zeit des Lebens.

Die ZEIT singt in ihrem Artikel ein Loblied der Grundschule:
“Keine andere Schulform ist moderner und kinderfreundlicher als die Grundschule … Eltern erkennen die Grundschule ihrer Kindheit heute kaum noch wieder. … Bildungsforscher stellen der Grundschule ein gutes Zeugnis aus. Unter den verschiedenen Schulformen gilt sie sogar als der Klassenprimus, und zwar unabhängig davon, welchen Maßstab man anlegt.”

Auch aus meiner Sicht, die ich seit vielen Jahre vor allem die Belange hochbegabter Kinder im Fokus habe, kann gesagt werden, dass sich im Bereich der Grundschule tatsächlich am meisten bewegt hat in den letzten Jahren. Experimentierfreude, pfiffige Lehrmaterialien, schöne Projekte und neue Konzepte, wie z. B. das schuljahrübergreifende Unterrichten (das ich allerdings selbst Anfang der Sechziger auch schon genossen habe), sind nirgendwo so ausgeprägt wie in den Grundschulen.
Auch im Bereich der Hochbegabung gibt es dort beeindruckende Fortschritte und Projekte. In Essen z.B. sind über drei Jahre lang Lehrer mehrerer Grundschulen systematisch im Bereich Hochbegabung fortgebildet worden, um in einem zweiten Schritt als Multiplikatoren für andere Schulen dienen zu können.

Auch in den Grundschulen ist natürlich nicht alles Gold, was glänzt. Auch von Projektschulen in Essen habe ich negative Erfahrungen berichtet bekommen. Nicht immer passt alles zusammen.

Da ich mir aber abgewöhnt habe, alles immer nur in düsterem Licht zu sehen, bin ich dankbar für all die vielen Fortschritte, die es eben auch zu beobachten gibt – in den Schulen allgemein und auch im Umgang mit hochbegabten Schülern.

Sehr starr allerdings erlebe ich nach wie vor viele weiterführenden Schulen, wobei – aus Not vielleicht – die Hauptschulen mir oft noch am kreativsten erscheinen.
Realschulen und Gymnasien allerdings ruhen sich für mein Empfinden immer noch viel zu sehr auf ihren althergebrachten Strukturen und konventionellen Unterrichtsmethoden aus.
Davon profitiert eigentlich niemand wirklich, es ist zu nichts richtig gut und hat zudem zur Konsequenz, dass der status quo auch in Hinsicht auf soziale Auslese immer weiter fortgeführt wird.

Ich habe es in den letzten ein/zwei Jahren so oft wie nie zuvor erlebt, dass hochbegabte Kinder auf ihrer Grundschule glücklich waren, weil sie z.T. selbstorganisiert Lernen gestalten konnten, auf dem Gymnasium aber schnell psychisch und leistungsmäßig abstürzten, weil dort alles Lernen nur im “Gleichschritt MarschMarsch” zu haben war.
So etwas ist natürlich tragisch, spricht zum einen auch wieder für die verbreitet neue Qualität der Grundschulen, aber eben auch gegen die oft vermuffte Atmosphäre in Gymnasien.

Ein bisschen Aufbruchstimmung auch dort wäre sehr wünschenswert.

 

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