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Mobbing der Mütter

Schlau, selbstgenügsam und isoliert heißt ein Titel in Focus Online Schule, den ich nicht wirklich erhellend finde.

Einen Aspekt behandelt er jedoch ganz kurz, der nahtlos an meinen letzten Beitrag anschließt: Mobbing. Diesmal nicht explizit das der hochbegabten Kinder, sondern das Mobbing der Eltern hochbegabter Kinder, vor allem der Mütter – meist durch andere Mütter.

Bei uns zumindest war es so, dass ich als Mutter durchaus gemobbt wurde durch andere Mütter, obwohl mein Sohn – und wir als Familie generell – eigentlich sehr kommunikativ und unproblematisch waren und nirgendwo auf einem besonderen Status bestanden oder Sonderbehandlung eingefordert hätten. Wir haben versucht, gemeinsam mit anderen unseren Weg zu gehen. Hochbegabte Kinder sind aber in manchen Dingen nun mal anders – und wenn die Andersartigkeit “nur” darin liegt, beste Noten zu schreiben und sprachlich sehr gewandt zu sein.

Ausgrenzung von Eltern hat viele Gesichter:
Mütter stehen auf und gehen weg, wenn man sich am Sandkasten neben sie auf die Bank setzt – weil sie gehört hatten, dass der noch nicht 2-Jährige unbefangen und fließend von den ersten Brettspielen erzählte, die er so liebte. Das wurde weitergetuschelt – und hatte Effekte für Jahre.

Abfällige Bemerkungen jedweder Art, boshafte Kommentare, weil ein Kind viele Dinge früh allein tun kann und tun darf, psychisches Unter-Druck-Setzen bei der vorzeitigen Einschulung als Rabenmutter (selbst wenn es sich nur um 3 Wochen über den Stichtag handelt), die dem armen Kind die Kindheit stiehlt, Abqualifizierung als “nicht normal”, als überehrgeizig, Äußerung von Abneigung, Behandeln, als sei man Luft, kein Grüßen etc.

Die Mobbingprobleme, die man als Eltern hochleistender hochbegabter Kinder hat, sind oft schon nicht von “schlechten Eltern”. Viel schlimmer trifft es aber noch die Eltern, deren Kinder zu den Underachievern gehören, die trotz Hochbegabung schlechte Leistungen bringen, evtl. Verhaltensauffälligkeiten zeigen und sich völlig verweigern. Da gibt es Geschichten…

Es sind nicht einzelne Ereignisse, die betroffen und traurig machen: Es ist eine Grundmelodie über Jahre, die nicht aufhört und mit der man irgendwie zurechtkommen muss.

Schlimm ist vor allem, dass man nicht einfach mal so etwas erzählen darf, dass man sozial insofern isoliert ist, als es im normalen Alltagsleben mit einem hochbegabten Kind kaum möglich ist, Alltagsprobleme, Erfolge und Misserfolge mit denen zu besprechen, die diesen (Schul-)Alltag über Jahre hinweg teilen.

Manche Mütter schwärmen wochenlang, dass ihre Schackeline endlich zwei Dreien in Englisch geschrieben hat. Dass das eigene Kind fast nur Einsen nach Hause bringt, muss man tunlichst verschweigen. Ehrlich: ohne angeben zu wollen: Das ist nicht einfach, denn es ist doch auch ein Glück, das man spontan mit andern teilen möchte. Einfach als Glück!

Man lernt, zu schweigen.

Besonders getroffen hat mich persönlich damals folgende, vielleicht sogar eher unscheinbare Situation, in der kein Wort fiel, die mir aber sehr nah- und nachgegangen ist:
Die Zwölft-Klässler wurden gegen 18:00 Uhr mit dem Bus von ihrer Abiturfahrt zurückerwartet. Eltern der 18-20-Jährigen standen im Kreis und unterhielten sich, während sie warteten. Mein Sohn war noch nicht lange in dieser Stufe, war gesprungen und mit seinen 16 Jahren natürlich der Jüngste – und wieder der Beste. Ich kam dazu und wollte mich halt einfach normal in diesen Elternkreis dazustellen und mit den anderen zusammen auf den Bus warten. Als das bemerkt wurde, ging, ohne dass ein Wort fiel, in Sekundenschnelle ein Ruck, eine Bewegung, durch den gesamten Kreis: Er wurde eng gezogen, und ich bekam keinerlei Möglichkeit, mich dazuzustellen. Ich stand alleine hinter dem Block der Rücken der anderen Eltern, völlig isoliert und ignoriert und ausgegrenzt, während diese einfach weiterplauderten.

Ähnlich war unsere Erfahrung beim Abiturball, bei dem während des gesamten Abends ein einziger Lehrer mit uns Eltern sprach, sonst niemand – und Versuche, von uns aus auf die anderen Eltern zuzugehen, vollständig ignoriert wurden und im Sande verliefen.

Was uns alle über die Jahre der Schulzeit “gerettet” hat, das war die DGhK, damals noch im Aufbau, als das Wort “Hochbegabung” mehr tabu war als alles, was z.B. sexuelle Sprache zu bieten hat. Wenn wir dort nicht die Möglichkeit zum Austausch gefunden hätten in einem Kreis von Eltern, denen es genau so ging wie uns – dann wäre alles sehr viel schwieriger geworden.
Auch für die Kinder ist es eine unüberschätzbare Gelegenheit, sich “normal” zu fühlen, wenn sie mit “Gleichgepolten” zusammenkommen können.

Hochbegabte Eltern und Kinder miteinander und untereinander: Dies ist letztlich natürlich kein Ersatz für Kontakte im alltäglichen Umfeld. Diese Treffen sind jedoch ein lebenswichtiger Ausgleich für viele Dinge, die Eltern hochbegabter Kinder nicht mit anderen Eltern und hochbegabte Kinder nicht mit den Gleichaltrigen um sie herum leben können.

 

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