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Dimensionen von Denken

Vor ein paar Tagen hatte ich wegen eines Problems, das es mit einem hochbegabten Schüler an einem Gymnasium gab, Kontakt mit dem Klassenlehrer.

Das Gespräch war schwierig: Der Lehrer wollte absolut nicht in Betracht ziehen, dass der Schüler, um den es ging, Probleme mit seinen Noten hatte, nicht, weil er zu schlecht, sondern, weil er “zu gut” war: hochbegabt, frustriert, gelangweilt abgeschaltet hatte und durch die Lerninhalte seiner Klasse nicht mehr zu motivieren war.
Der Schüler lief Gefahr, zu einem hochbegabten Minderleister zu werden, einem Underachiever, wenn es nicht möglich würde, gemeinsam mit der Schule eine Lösung zu entwickeln.

Es stellte sich heraus, dass der Lehrer das übliche Bild von Hochbegabung hatte: Hochbegabte, das seien die, die schnell auswendiglernen, super rechnen und tolle, intelligente Aufsätze schreiben.

Nein!!! Das ist es nicht!!!
Ja, doch, das kann so sein, manchmal ist es tatsächlich so. Aber das ist nicht das, was Hochbegabung ausmacht!

Es geht um eine andere Dimension des Denkens bei Hochbegabten.
Sie sind in der Lage, alte Denk-Konstrukte zu sprengen, weil sie Systeme schnell durchschauen, sofort zum Kern vorstoßen und innovativ weitergehen können. Das ist ja auch der Grund, warum der Routine-Unterricht in der Schule so tödlich ist für sie, warum sie abschalten und innerlich verzweifeln, wenn sie durchschaut haben, wie ein Rechenweg funktioniert, die anderen Schüler aber noch Wochen brauchen, um zu verstehen, worum es überhaupt geht.

Einstein ist nicht der revolutionäre Wissenschaftler des 20. Jahrhunderts geworden, weil er ein bisschen besser rechnen und ein wenig schneller auswendiglernen konnte als andere.
Es geht bei Hochbegabung nicht nur um ein “bisschen Besser”.
Es geht um eine andere Dimensionierung von Denken.
Einstein hat Grenzen überschritten, alte Prinzipien über Bord geworfen, feste Überzeugungen, ja alte Weltbilder, zerstört, Systeme gesprengt….

Was man bei Einstein genial findet, schätzt man allerdings bei einem 12-Jährigen überhaupt nicht, wenn er dem Lehrer nach 5 Minuten Unterricht schon das ganze Ziel seiner kompletten Unterrichtseinheit von 8 Stunden in drei Sätzen zusammengefasst vor die Füße wirft….
Oder wenn ein 7-jähriger Grundschüler bestimmte vorgegebene Rechenregeln partout nicht akzeptieren will, weil sie völlig unökonomisch seien….

Kann ich verstehen, dass Lehrer das nicht mögen.
Aber ist das das Problem des Schülers?

 

20 Kommentare zu “Dimensionen von Denken”

  1. Epiphanius schrieb am 25. Dezember 2006 um 03:28: 

    Ich kotze Ihnen hier einmal ein wenig in das Dekoltee ihrer geschwellten Brust, gnädige Frau. Das ist ja nicht Ihr erster Bericht über den Wunderknaben. Ich halte Sie in dieser Sache als Vermittlerin zwischen Schule und Schülerleistung bzw. -Fehlleistung für eine Fehlbesetzung. Sie sind von der Auffassungsgabe des Jungen viel zu vereinnahmt. Was ich aus ihren Berichten erlese ist ja offensichtlich auch ein schweres Verhaltensproblem des Schülers; dem steht es mit Nichten an, seine Brillanz der Lehrkraft vor die Füße zu werfen. Diese Formulierung scheint charakteristisch für Ihre/seine elitäre Haltung. Ist doch der Satz ein verstümmeltes Zitat aus … Perlen vor die Säue werfen. Dem Jungen steht es auch in keiner Situation an, zu seinem Lehrer zu sagen, ich möchte mich mit ihnen geistig duellieren. Hier wird offensichtlich das Menschsein um eine geistige Brillanz vernachlässigt. Höflichkeit, Rücksichtnahme, Zurückhaltung, Respekt usw. gehören an ihre Seite. Das Eltern ihre Kinder nicht zur Demut anleiten kann ich ja noch verstehen, aber, sie sollten dann auch zumindest nicht mit ihren Emissären in der Schule noch dazwischenfunken. Wenn Sie so weiter machen, dann wird der Junge ein Despot erster Klasse. Mit sträuben sich die Haare. Wir haben genug von diesen humanoiden Intelligenzbestien.

  2. speybridge schrieb am 26. Dezember 2006 um 17:29: 

    Art und Ton des Kommentars fallen auf den Verfasser zurück; ich werde sie nicht kommentieren.

    Einiges aber zum Inhaltlichen:
    Der Ton des Kommentars zeigt deutlich, mit welcher Art von Unverständnis hochbegabte Kinder (und ihre Eltern) oft leben müssen.
    Es sind Kinder, geboren, meist genetisch bedingt, mit einem Potenzial, das das anderer in deutlicher Weise übersteigt. Das geht 2-3% der Bevölkerung so.
    Diese Kinder können nichts dazu, wie auch andere Kinder nichts dafür können, wenig begabt zu sein oder blind oder einen Klumpfuß zu haben.

    Sobald hochbegabte Kinder zwangsläufig in die Mühle der gängigen Institutionen der Vorschul- und Schulpädagogik kommen, fängt das Elend an.
    So früh.
    Peter geht 3x pro Woche zum Schwimmtraining und wird gefördert, Susi zum Ballett, Kati zum Flöten – das hochbegabte Kind erfährt, dass es falsch ist, wenn es auch gerne das machen möchte, was es liebt: lernen. Das darf es nicht, denn das kommt später.

    In der Schule dasselbe.
    Wenn ein Kind Äußerungen tut, wie in meinen Blogeinträgen (es handelt sich immer um andere Kinder )beschrieben, dann sind dies Ausbrüche eines Jahre dauernden Leidensweges – nicht Mangel an gutem Benehmen oder Mangel an Demut – eher Ausdruck dessen, dass in der Umgebung nicht die Einsicht und Demut bestehen, zu akzeptieren, dass es Menschen gibt, die anders sind, mehr können, aber eben auch Menschen sind: Kinder, die ein Existenzrecht haben und das Recht, so sein zu dürfen, wie sie sind – und ein Recht auf Förderung haben.

    Es ist eine Art Folter, wenn ein 12-Jähriger nach einer halben Stunde alle Facetten von Bruchrechnung verstanden hat und anwenden kann – und dann im Mathematikunterricht ein 3/4 Jahr (!) in jeder Mathestunde nichts anderes tun darf als unendliche Kleinschritte im Erlernen des Bruchrechnens. Und das geht ja nicht nur im Mathematikunterricht so.

    Diese Kinder leiden, würden am liebsten die Wände hochgehen, tun ihr Äußerstes, um irgendwie psychisch zu überleben.
    Es geht nicht darum, “unerzogene Klugscheißer” zu produzieren, sondern es geht um Gerechtigkeit und darum, dieses große Potenzial zu fördern und durch eine auch die Emotionalität berücksichtigende Erziehung für die Gesellschaft nutzbar zu machen. Schlecht erzogene, unreife Mittelmäßigkeit gibt es genug.

    Ein Beispiel, das die Ungerechtigkeit (auch die des Kommentators) vielleicht deutlich macht:
    Ein guter Schwimmer, der Tag für Tag gezwungen ist, Schwimmübungen im Nichtschwimmerbecken mitzumachen, wird spätestens am 3. Tag Chaos produzieren, herumspritzen, Mitschüler untertauchen und den Lehrer anbrüllen, dass er die Schnauze voll habe. Man würde ihn vielleicht wegen seines unpassenden Tones zurechtweisen – aber man hätte sicherlich gleichzeitg vollstes Verständnis für seine Situation, denn was soll ein Schwimmer ewig mit diesen unnützen Schwimmübungen im Nichtschwimmerbecken…. Und man wird eine Möglichkeit suchen, dass das Schwimmkind vernünftig im Schwimmerbecken arbeiten kann.

    Und genau das passiert mit hochbegabten Kindern nicht! Sie halten die “geistigen Schwimmübungen” im Unterricht Jahr für Jahr irgendwie aus, werden meist gar nicht mehr aufgerufen, weil sie eh’ alles können und sollen sich demnach auch noch brav im Hintergrund halten und sich gut benehmen. Was für ein falscher Film – und was für eine tragische Verschwendung.
    Das ist ein Martyrium, dem man einen Schwimmer nie aussetzen würde.

    Laut ist das Geschrei danach, Minderheiten zu ihrem Recht kommen zu lassen – und gerade Menschen, die zu großen Hoffnungen Anlass geben, werden oft behandelt wie der letzte Dreck, weil sie anders sind, ja: klüger. Irgendwo ist das typisch Deutsch: das ruft Minderwertigkeitsgefühl und Neid hervor – eine fatale Mischung, die unbewusst dazu verführt, den anderen niederzumachen. In anderen Ländern wird mit den “gifted children” ganz anders umgegangen.
    Welcher Lehrer hier hat die Größe, ja die Demut, Hochbegabung bei einem Kind zu sehen und zu sagen: “Toll, was Du kannst. Lass uns überlegen, wie wir das für alle zum Segen werden lassen können” …

  3. Epiphanius schrieb am 26. Dezember 2006 um 19:02: 

    Ich bitte um entschuldigung für meinen haltlosen Ton. Ich konnte mit der im Artikel anklingenden Emotionalität nicht klarkommen.