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Nur geradeaus ist zu wenig

Ein Bericht in Spiegel online “Bachelorstudenten ticken anders” beschäftigt sich mit den Veränderungen, die die Umstellung von Diplom- auf Bachelor-/Masterstudiengänge für Studenten mit sich bringt in Bezug auf Mentalität der Studenten, Art des Studierens, psychische Belange.

Im Interview meint der Politologe Roland Bloch, der für seine Doktorarbeit Studenten befragt hat, dass es seit Beginn des Bologna-Prozesses bei den Studenten der neuen Bachelor-Studiengänge einen deutlichen Trend zum stromlinienförmigen Akademiker gebe und sie anders “tickten” als die früheren Diplomstudenten:

”Selbstverständlich, schon weil sie ganz anders mit der Strukturierung in ihrem Studium umgehen und mehr Vorgaben berücksichtigen müssen. Das bleibt nicht ohne Einfluss auf die Mentalität der Studierenden. Die wird immer mehr von strategischen Überlegungen bestimmt. Insofern: Ja, Bachelorstudenten ticken anders, sie ticken vor allen Dingen strategischer. … Aus der Sozialerhebung des Studentenwerks geht hervor, wie sehr Bachelor-Studierende unter dem Leistungsdruck leiden.  Die Nachfrage nach Beratungsangeboten ist rapide gestiegen. Das Ziel der Reform, den Studenten bei der Organisation des Studiums zu helfen, wird verfehlt. Stattdessen hat die Unsicherheit zugenommen. … Die Verschulung des Studiums ist ein deutscher Sonderweg. Hier wurde strukturiert, wo Flexibilität gefördert werden sollte. Alles spricht dafür, dass die Reformen eher die Mobilität hemmen. Wegen der eng definierten Module und des straffen Zeitplans ist es kaum möglich, während des Studiums die Uni zu wechseln.”

Zeit, um neben dem Studium andere Aktivitäten zu entwickeln, wie z. B. das Organisieren von Uni- oder Schulprojekten, die Ausübung einer politischen Tätigkeit etc., die zwar vordergründig studienfern sind, aber doch wesentlich zur Erlangung verschiedenster Kompetenzen dienen, was durchaus relevant für die spätere Berufsfindung und -ausübung sein kann und nicht zuletzt die Persönlichkeitsreifung unterstützt, fehlt oft völlig.

“Stattdessen hat man heute immer die Berufsqualifikation im Blick – leider oft schon ab dem ersten Semester. Diese Anpassung geht aber an den Bedürfnissen des Arbeitsmarkts vorbei. Je stärker man ein Studium durchstrukturiert, desto mehr befördert man Stromlinienförmigkeit und verhindert produktive Umwege.

Ist zu befürchten, dass Hochschulen zu Ausbildungsbetrieben werden, die stromlinienförmige Menschen durch das Studium schleusen, die nur noch hypnotisiert wie das Kaninchen auf die Schlange den Studienabschluss im Blick haben und immer weniger in der Lage sind, Zusammenhänge zu erkennen, selbst zu denken und Kritik zu formulieren?

Dass diese Befürchtung nicht aus der Luft gegriffen ist, erfuhr ich in einem Gespräch mit einem jungen wissenschaftlichen Mitarbeiter einer Uni, der, selbst dem Studium kaum entwachsen, die Hände über dem Kopf zusammenschlägt angesichts der zunehmend mangelhaften inhaltlichen Qualität abgelieferter Seminararbeiten: zusammengeklöppelte Versatzstücke, bei denen Fakten, Diskussion, Meinung, Kommentar, Schlussfolgerungen bunt durcheinandergewürfelt nicht mehr differenziert werden, erstellt nach dem Motto: Hauptsache im Zeitplan, Hauptsache fertig.

Funktionieren statt Lernen statt Begreifen statt Position statt Erfahrung sammeln.

Das ist zu wenig.

 

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