England III – Thank You Teacher
Als Übergang, um so langsam wieder zu pädagogischen Themen zu kommen – schließlich ist mein Urlaub zu Ende – bietet sich die Schilderung einer Besonderheit des sozialen Lebens in der englischen Gesellschaft an, eine Besonderheit zumindest in dem Sinne, dass wir hier in Deutschland nichts Vergleichbares haben.
Dabei geht es um ein Ritual am Ende eines jeden Schuljahres:
Thank you teacher! heißt die kollektiv erwartete “individuelle” Danksagung an den geliebten “best teacher” vor den Sommerferien.
Zu dieser Aktion gibt es eine enorme Industrie, die Waren aller Art anbietet, um den eigenen Lehrer glücklich zu machen: Glückwunschkarten in allen Größen und Formen, Gedicht- und Textvorschläge dazu, Geschenkhinweise in den Warenhäusern und im Internet wie “Thank you teacher – Special gifts for your teacher”: Parfum, Schreibwaren, Kinokarten und und und…
Auf unterschiedliche Art und Weise praktiziert, gibt es diese Lehrerwürdigung in vielen Ländern.
Ich weiß ehrlich gesagt nicht, ob ich mir Ähnliches hier für uns wünsche.
Auf den ersten Blick hat das Ganze etwas, denn eine solche Danksagungsaktion ist ja doch eine “kollektiv individuelle” Würdigung der Lehrer und des Lehrerberufes.
Während es hierzulande eher “in” ist – und alle und auch die Schüler machen mit – , Lehrer gerne in jeglicher Weise negativ anzugehen und mit Schuldzuweisungen zu überschütten, scheint in England doch eine ganz andere und zwar wertschätzende Art der Kommunikation zwischen Lehrer und Schüler vorzuherrschen.
Ich bin mir nur nicht sicher, ob das tatsächlich der Fall ist oder ob die ritualisierte Danksagung an die Lehrer am Ende eines Schuljahres – man kennt ja das vom Muttertag her – nicht nur ein Feigenblatt ist, das eine Wertschätzung aufscheinen lässt, die sich in der alltäglichen Beziehung im Schulalltag nicht wiederfindet.
Individuell und in der konkreten Situation – ganz unaufwändig und vielleicht nur mit ein paar Worten – Wertschätzung den Menschen gegenüber auszusprechen, mit denen man es zu tun hat, das ist etwas, das jedem in jeder Situation möglich ist. Wir tun das alle viel zu selten…
Aktionen wie “Muttertag”, “Thank you teacher” etc. an festgelegten Tagen scheinen mir da eher Ausweichaktionen zu sein, den persönlichen Dank in der konkreten individuellen Beziehung zu umgehen.
Herr Rau schrieb am 26. Juli 2009 um 07:31:
Also, mir gefällt die Idee, trotz der verständlichen Einwände. Aber schaden wird ein Ritual auch nicht. Und wirken tut sicher auch ritualisierte Anerkennung. Und drittens glaube ich, dass auch der Geber von ritualisierten Geschenke eben durch das Geben beeinflusst wird.
Allerdings wüsste ich nicht, wie man das einführen könnte. Eine Schule mit netten Lehrern und Schülern müsste anfangen, vielleicht verbreitet es sich dann. Von oben verordnen geht wohl nicht.