Lobenswerte Einsicht – aber…
Nur ein kurzer Artikel, aber es ist Erstaunliches, was die Süddeutsche weitergibt:
“Schavan will frühere Einschulung: Bundesbildungsministerin Annette Schavan hat beklagt, dass Kinder in Deutschland erst mit sechs Jahren eingeschult werden. Die Altersgrenze von sechs Jahren führe dazu, dass viele Kinder in Deutschland für ihre Verhältnisse zu spät in die Schule kommen, sagte Schavan dem Hamburger Abendblatt. Am Ende der ersten Klasse hätten sie dann keine Lust mehr, weil sie unterfordert seien. Daher dürfe es “keinen starren Stichtag” für die Einschulung geben.”
Das lässt doch hoffen.
Aber: Selbst wenn das geschieht: Das wird nichts nützen, wenn nicht gleichzeitig das Heer der Erzieher/innen aufgeklärt wird und bereit ist, auf jedes Kind wirklich und wahrhaft und richtig einzeln zu gucken, um den jeweils individuell richtigen Einschulungstermin zu bestimmen und nicht pauschal und unreflektiert zu sagen “Immer erst mit 6”.
Unendlich viele Eltern, die ihre Kinder auch nur einen Piep vor irgendeinem (selbst: nicht vorhandenen) Stichtag einschulen wollen, werden schrecklich verunsichert und mit Schuldgefühlen behängt mit solch inkompetenten, aber wirksamen Sprüchen wie: “Nehmen Sie Ihrem Kind doch nicht die Kindheit”, “Das Kind ist sozial noch nicht so weit”, “Gönnen Sie dem Kind doch noch das Jahr”, “Seien Sie eine gute Mutter und lassen Sie das Kind doch noch schpiehlen…” und so weiter und so weiter.
Ich bin wirklich ständigständigständig damit konfrontiert in meinen Beratungsgesprächen. Ich kann es nicht mehr hören. Ich hasse es. Was mit diesen undifferenzierten, reflexartigen, schlicht dummen, aber emotional erpresserischen Sätzen z.T. für ein Leid produziert wird – für die Kinder und auch für die Eltern, das kann sich kaum jemand vorstellen. Und das, weil nicht nachgedacht und individuell auf jedes Kind geguckt, sondern einfach nur eine Schublade gezückt wird.
Ein Kind, das mit fünf Jahren lesen und alles Mögliche andere kann, wird sozial (und psychisch) nur noch desolater werden, wenn es als Vorschulkind ein ganzes Jahr NUR mit dann jüngeren Kindern im Kindergarten zusammen sein muss und zum 1500sten Mal den “Dicken Tanzbären” im Stuhlkreis tanzen und dann auch noch begeistert mitmachen soll, weil es ansonsten ja seine soziale Unreife zeigt.
Man mag mich prügeln, aber ich bleibe dabei: Für mich sind sehr viele “Erzieherinnen” immer noch schlicht “Kinder-Gärtnerinnen”.
Speybridge » Blog Archive » “Verbrechen” schrieb am 9. Januar 2012 um 15:39:
[…] ist daran pädagogisch? […]