Berlin Berlin – Kunst und Aktion 2
Noch einmal unterwegs in Berlin 2006:
Eine weitere, völlig unerwartete und verblüffende Kunstbegegnung erlebte ich in der Nähe der Oranienburger Straße.
Auf dem Weg zu den Hackeschen Höfen kam ich an einer Kirche vorbei und warf eher zufällig einen Blick hinein, weil das Portal offen und der Innenraum erleuchtet war.
Ich erstarrte…
… und blickte frontal in die offenen Augenhöhlen eines überdimensional großen, grinsenden Totenschädels.
Sofort trat ich in das Innere des Gebäudes ein und befand mich in einem schönen, sehr sorgfältig restaurierten Kirchenraum, der vollständig leer war – bis auf ein riesiges, 17 m langes, horizontal ausgerichtetes Skelett.
Es war der blanke Schädel dieses Skelettes, der, nach außen grinsend, mich so unerwartet begrüßt hatte und mit offenen Armen empfing.
Von einem Moment zum anderen war ich völlig herausgerissen aus meinem touristischen Programm und hineinkatapultiert in die existentielle Frage nach Leben und Tod.
Genau das war und ist wohl die Zielrichtung dieser Aktion. Wirklich gelungen!
Interessant war, zu beobachten, wie sich die Besucher, meist genau so durch den Überraschngseffekt an der Tür eingefangen wie ich, in der unerwarteten Situation im Raum mit dem Skelett verhielten. Die meisten verharrten zunächst im Türbereich, wohl um sich erst einmal zu orientieren. Dann begannen sie, sich in den Raum hineinzubewegen und gingen – immer nur um das Skelett herum. Vorsichtige Annäherung – doch die Distanz blieb.
Berührungsangst mit dem Tod
Dabei war es gar kein Problem, sich in die offenen Arme des Gerippes hineinzubewegen, sich in sein Inneres zu begeben, dort zu verharren oder umherzustreunen, mit einem ernsten Grinsen im Gesicht die Rippen des Skeletts zu zählen und sich mit einem kosmischen Lachen dem Memento Mori hinzugeben…
“Hört, hört! Leben und Tod sind ernste Dinge. Schnell vergeht die Zeit. Seid wachsam!”