“Ich konnte tun, was ich wollte, immer war ich falsch.”
Dieser Satz der Studentin Alena Lyons, die in Tübingen mit ihren 19 Jahren schon im 7. Semester studiert, ist symptomatisch für die Schwierigkeiten hochbegabter Kinder, eine positive Identität aufzubauen.
Die Reaktionen der Umgebeung signalisieren immer, dass etwas nicht stimmt: “Schneller oder anders zu lernen war genauso falsch wie mein Musikgeschmack und die Kleidung, die ich trug.”
Versuche, sich so anzupassen, dass man nicht auffällt, scheitern meist kläglich, so wie Alena schildert: “Mit der Zeit war ich total verunsichert, und meine Versuche, irgendwie anerkannt zu werden, müssen komisch gewirkt haben. In allen Dingen war ich anders, und es ging ja vor allem darum, so zu sein, wie alle anderen. Das habe ich einfach nicht geschafft.”
Diese Versuche scheitern zum einen, weil sie von den Mitschülern entlarvt werden, zum andern scheitern sie auch deshalb, weil die Hochbegabten es einfach nicht durchhalten können, zu versuchen, so zu sein wie die anderen, weil sie es eben nicht sind.
So sitzen Hochbegabte oft in der Falle: So zu sein wie die anderen, das geht nicht; so zu sein, wie sie sind, trauen sie sich nicht, weil das von der Umwelt als “problematisch” zurückgespiegelt und so ein Gefühl des Falsch-Seins vermittelt wird.
In einer solchen Situation ein gesundes Selbst- und Identitätsgefühl aufzubauen, das ist schwierig.
Viele hochbegabte Erwachsene, die z. T. sehr spät von ihrer Gabe erfahren haben, schildern, dass sie sich bis zum aktuellen Tag immer noch in dem Dilemma befinden, weder zu den anderen zu gehören noch sie selbst sein zu können. Große Einsamkeit ist oft mit diesem Gefühl verbunden, vermischt mit Schuld- und Mangelgefühlen und vor allem großer Ratlosigkeit.
Alena gibt sich da abgeklärter: Auch an der Uni gibt es ab und an Probleme, aber: “Einige gehen auf Distanz, aber das stört mich nicht. Ich möchte nicht jeden zwingen, gut mit mir auszukommen. Im Gegensatz zur Schule kann man sich an der Uni ja auch aus dem Weg gehen.”
Das Interview mit Alena ist nachzulesen im Schwäbischen Tagblatt.
Len schrieb am 5. Dezember 2008 um 11:01:
Ich weiß ja nicht…
Diese Problematik “Ich hab nen IQ 130+ und fühle mich deshalb anders” stößt mir immer wieder sauer auf. Ich meine, fühlen sich nicht auch die Nicht-HBler immer irgendwie anders – weil sie dicker sind, weil sie dünner sind, ärmer, reicher, größer, kleiner, schöner, hässlicher, mit Migrationshintergrund, mit mehr sexueller Erfahrung als “normal” wäre oder mit weniger, mit irgendwelchen Krankheiten…
Diese “Anders-Problematik” als typisches HB-Problem darzustellen halte ich für falsch. Ich glaube, es ist einfach ein typisches Menschenproblem.
Niemand passt in das “normale” Raster, das uns von Dailysoaps vorgeschrieben wird, und deshalb fühlt sich jeder “unnormal”, und damit anders.
Len schrieb am 5. Dezember 2008 um 11:14:
Wenn ich das richtig verstanden habe, meint N gerade, dass das Problem nicht nur die Andersartigkeit sei, sondern die Bewusstheit der Andersartigkeit und die sich daraus ergebende “Verkrampfung”.
davinoa schrieb am 9. August 2009 um 22:00:
Natürlich ist jeder “anders”. Aber es ist nochmal etwas anderes eben Hochbegabt-“anders” zu sein. Es ist ja nicht so, dass jeder Hochbegabte sich mit anderen Hochbegabten versteht oder das er die Sichten der anderen immer teilt, aber da ist genauso, um nicht beleidigend werden zu wollen, ein Unterschied zwischen einen Normalbegabten und einem geistlich Behinderten. Zweiteres ist natürlich in seiner Person anders, aber es liegt nochmal ein Unterschied zwischen ihm und dem Normalbegabten. Ungefähr genauso ist es mit Ersterem und Hochbegabten oder Hochbegabten mit Höchst- und extrem Höchstbegabten.
Was ich extrem aus deinem Beitrag lese ist ein zielsicheres und vorallem gewolltes Unverständnis, dass auch viel mit Neid zutun hat, der daraus entspringt, das du deinen eigenen Wert in Frage gestellt siehst durch den Hochbegabten an sich und seine “Andersartigkeit”.
Immerhin ist heute die Individualität ein Menschenrecht, dadurch wird etwas sehr positives damit verbunden.
Wenn jetzt jemand sagt, er sei nochmal anders als du und andere, fühlst du dich in diesem Recht angegriffen und damit in dem eben angesprochenen Wert.
Jemand sagt für dich, er sei “besser”.
Und genau das ist der Gleicheitswahn. Niemand darf “anders” sein als die Menge und genau das ist das, woran der Hochbegabte schließendlich scheitert, denn es hat nicht etwas damit zutun “Anders sein zu wollen”, wie bei vielen Normalbegabten die sich wie Gothics kleiden etc. sondern mit tatsächlicher Andersartigkeit, die so groß und tatsächlich ist, dass man sie nicht erwähnen muss, da sie für jeden schon Spürbar ist.
Normalbegabte müssten schon etwas tun, um anders zu wirken. Und tun es meist, weil sie unbewusst anders sein wollen.
Hochbegabte und aufwärts tun nichts besonderes und erleben von Kindheit an schon schmerzhaft, dass sie IMMER unverstanden bleiben.
Das ist ein Unterschied.
Außerdem gibt es genügend hässliche oder dicke Menschen oder auch insgesamt charakterliche Wrackpakete, die trotz allem Anschluss finden und jede Menge Freunde haben. Außer man denkt natürlich “Umso mehr Freunde jemand hat, umso symphatischer ist er auch”.
Ja, weil er so ist, wie seine Mitgenossen, da er reflektiert und reflektiert wird. Ganz einfach.
dorsolateralpfc schrieb am 13. Februar 2010 um 02:28:
“Was ich extrem aus deinem Beitrag lese ist ein zielsicheres und vorallem gewolltes Unverständnis, dass auch viel mit Neid zutun hat, der daraus entspringt, das du deinen eigenen Wert in Frage gestellt siehst durch den Hochbegabten an sich und seine “Andersartigkeit”.”
Das, der ganze Post, ist so witzig man müsste es an lamebook schicken.
speybridge schrieb am 13. Februar 2010 um 10:15:
Ich finde es eh’ verblüffend, dass man diesen Beitrag so lesen und verstehen kann. Wer sagt, dass ich nicht auch hochbegabt bin?
Naja, jedenfalls ist dieser Beitrag in keinem Sinne so geschrieben.
Witzig: vielleicht tragisch-komisch :-)